Saida Chadmi-Chalh
„Jede kann schaffen, was sie möchte“, davon ist
Saida überzeugt. Es regt sie auf, wenn eine Frau
sagt, sie sei ja „nur“ Hausfrau. Nein, meint sie, sie
sollen das selbstbewusst sagen: „Ich bin Hausfrau
und erziehe meine Kinder!“ – dann öffnen sich die
Türen. Gegründet hat sie den Verein 2007. Da stellte
sie fest, dass die Männer sich nach der Arbeit in
Cafés trafen und die Frauen allein mit den Kindern
zu Hause saßen. Wenn die arabisch sozialisierten
Frauen sich im häuslichen Rahmen getroffen haben,
war eine immer in der Rolle der Gastgeberin. Also
haben sie einen Raum angemietet, wo sie die Kinder
mitbringen und sich untereinander zwanglos austauschen
konnten. Saida wuchs in Duisburg auf und
erlebte, wie ihr Vater seine marokkanischen Landsleute
unterstützte. In der MFI macht sie Frauen
Mut, lesen und schreiben zu lernen, zeigt, wie man
den öffentlichen Nahverkehr nutzt und wie die Welt
außerhalb des eigenen Wohnviertels aussieht. Saida
macht die Frauen durch Faktenwissen stark, vom
Antrag auf Bildungsförderung bis hin zu Themen wie
der Funktionsweise von Demokratie und Verwaltung
in Deutschland oder des Einflusses von Europa.
Saida hilft und nutzt ihr riesiges Netz an Kontakten
in Behörden und Bildungseinrichtungen, damit Frauen
in der MFI lernen, sich selbst zu helfen.
Badia Ziani
Als Kind der ersten Generation der in Marokko
angeworbenen „Gastarbeiter“ hat sie ihrem
Vater zur Seite gestanden und schon als Teenager
mitgeholfen, für neu angekommene Landsleute
Fragebögen und Anträge auszufüllen. Sie hat Frauen
zu Arztbesuchen begleitet und eine erste Orientierung
im Stadtteil gegeben. Ihr Traum, Designerin zu
werden, fand in der Textilfabrik am Fließband ein
Ende. Sie entdeckte einen anderen Traumberuf für
sich: Hotelfachfrau. Vom Top-Management bis zur
Wäscherei im Keller hat sie alle Bereiche durchlaufen
und dieses Denken in einem System, das Hand
in Hand funktioniert, liegt ihr.
Als junge Mütter haben Saida und sie den MFI
gegründet, weil sie Frauen ermöglichen wollen,
über den engen Familienkreis hinauszublicken,
sich mit jung und alt zu treffen. Die Frauen sollen
die Wurzeln ihrer Kultur nicht vergessen und ihre
Möglichkeiten erkennen. „Jede Frau soll so selbstständig
sein können, wie sie möchte“, erklärt Badia.
Das Prinzip der MFI: klare Ziele formulieren, erste
Schritte gemeinsam gehen und Freude daran entwickeln,
das eigene Talent in das Leben der Gesellschaft
einzubringen.
Rabia Sprenger
„Gemeinsam ankommen“ war eines der Ziele,
das Rabia im Projekt Step by Step für den Verein
konzipiert hat. Dieses Mentoring-Projekt mit
Peer-to-Peer-Ansatz hilft den Frauen bei ihren
ersten Integrationsschritten. Indem Rabia den
Fokus auf Details richtet – mit und ohne Kamera
–, unterstützt sie andere Frauen, ihre Talente
und Stärken zu erkennen und zu entwickeln.
Denn eigene Erfahrungen haben ihr gezeigt,
wie wichtig es ist, benachteiligte Menschen
frühzeitig in ihrem Milieu abzuholen und ihnen
passende Unterstützungsangebote zu machen.
Als Fachbereichsleiterin für Deutsch als Fremdsprache
hat sie jahrelang erfolgreich Maßnahmen
umgesetzt und auch an Curricula mitgearbeitet,
die bundesweit gültig sind. In ihrer langen Berufserfahrung
war es ihr immer wichtig, Brücken
zwischen Menschen unterschiedlichster Kulturen
und Bildungsniveaus zu bauen. Erfolgreich jongliert
sie mit der Antragsprosa von Förderprogrammen
und leistet auch bei privaten Sponsoren exzellente
Überzeugungsarbeit. Ausgehend von der Frage
„Was ist dein Ziel?“ macht sie arabischen Frauen
in der MFI mit unterschiedlichen Projekten Mut,
selbstbewusst eigene Schritte zu gehen und so
Teil der Mehrheitsgesellschaft zu werden.
Aicha J.
„Ich war für die Kolleginnen immer der Boss –
auch wenn ich es natürlich als Krankenschwester
nicht war. Aber ich war fleißig und die Arbeit stand
immer an erster Stelle.“ Aicha ist vor 50 Jahren
nach Deutschland gekommen und erzählt den
Frauen der MFI liebend gern ihre „wunderbaren
Geschichten“, die sie in Duisburg erlebt hat. Zeigt
ihnen die guten Seiten des Lebens. Ihr Glück hat sie
vor allem ihrer Mutter zu verdanken. Die hatte zwei
Söhne und sieben Töchter. Eine nach der anderen
wurde in Marokko früh verheiratet, und bei ihr hat
sie gesagt: „Jetzt ist Schluss. Du suchst Dir Deinen
Mann einmal selbst aus.“
Mit Unterstützung der Carl Duisberg Gesellschaft
hat Aicha in Deutschland Fuß gefasst. Sie war eine
attraktive junge Frau, die die Freiheit genoss und
Verantwortung übernahm. Eine Empfehlung der
Psychiater an ihre Patienten gibt sie gern weiter:
„Man muss sich selbst loben, auch wenn man vielleicht
mal nur wenig schafft“. Seit sie 1991 in Mekka
war, trägt Aicha Kopftuch, denn „als ältere Frau
werden die inneren Werte wichtiger“. Sie freut sich
über die Geschichten von Frauen aus aller Welt, die
sie in der MFI hört und sagt: „In Deutschland kannst
Du eine wunderbare Heimat finden“.
Halima K.
Als Halima im August 1969 nach Duisburg-Hamborn
kam, war sie die einzige Ausländerin, die in
der Arbeitersiedlung wohnte. Die Leute haben
ihre langen Haare bewundert und ihr Komplimente
gemacht. Viele haben ihr viele Sachen geschenkt
für ihre drei kleinen Mädchen, die sie aus Marokko
mitgebracht hatte und die beiden Jungen, die dann
noch in Duisburg geboren sind. Halima war glücklich,
dass ihr Mann, der jahrelang zur See gefahren
war, bei Thyssen als Kranführer arbeiten konnte.
Als das jüngste Kind vier Jahre alt war, hat sie als
Reinigungskraft bei Thyssen die Familienkasse aufgestockt.
Heute ist ihre Rente wegen der Scheidung
klein, und sie verdient als Reinigungskraft Geld hinzu.
Doch sie ist heiter und klagt nicht. Mit anderen
Frauen der arabischen Frauengemeinschaft MFI hat
sie sich getraut, weite Reisen zu unternehmen: nach
Dubai, in die Vereinigten Emirate und schließlich
auch nach Mekka, dem „Traum aller Muslime“. Dort
ist ihr Herz weicher geworden, sagt sie, sie muss
nicht mehr alles machen und schon gar nicht mehr
alles haben, um glücklich zu sein. Im Verein MFI
erzählt Halima gerne aus ihren Anfangsjahren in
Deutschland. Das tut ihr gut und gibt den Frauen,
die ihr zuhören Denkanstöße für ein selbstbestimmteres
Leben in dieser Gesellschaft.
Hanaa A.
Hanaa lächelt. Deutschland hat ihr die Hoffnung auf
ein Leben in Frieden und Sicherheit wiedergegeben.
Wer hier lernt und fleißig arbeitet, der kann etwas
erreichen, diesen Eindruck hat sie in den Gesprächen
mit den Frauen in der MFI gewonnen. Wenn
sie von ihrem Bauernhof mit den großen Gemüsebeeten
erzählt, dann sieht sie die Mini-Zucchini,
Auberginen und Paprika, riecht den Duft von Koriander
und frischer Minze, dann leuchten ihre Augen.
Sie hat das damals gerne auf dem Markt verkauft.
Doch in Syrien ist alles zerstört, die Trümmerberge
haben sie erschüttert.
Heimat, das hat sie gelernt, ist da, wo ihre Familie
ist. Weil sie schnell ankommen will, lernt sie eifrig
Deutsch. Ihr Traum ist es, mit ihrem Mann einen
syrischen Gemüseladen zu eröffnen und später
ihrem Sohn ein Studium zu ermöglichen. Über
Mangel an Kontakten in Marxloh kann Hanaa
nicht klagen. Sie kommt schnell mit Menschen ins
Gespräch. Aber in der MFI, da kann sie sich gezielt
über die ungeschriebenen Gesetze des Zusammenlebens
der Kulturen informieren und bekommt
Tipps und ein Feedback, das ihr ganz persönlich
weiterhilft.
Houda A.
Ihre fünf Kinder sprechen perfekt Deutsch, die
kleineren gehen noch zur Grundschule, die größeren
in die Realschule, doch weil die Kinder so gut
Deutsch sprechen und sie selbst in Duisburg fast
ausschließlich arabische Freundinnen und Nachbarinnen
hatte, hat sie die Gelegenheit verpasst,
Deutsch zu lernen. Nun holt sie das in einem
Kursus nach und übt das Sprechen auch bei den
Treffen mit den Frauen der MFI. In den ersten Jahren
in Deutschland hat sie immer wieder die Briefe
von Schulen und Behörden zur MFI mitgebracht,
damit man ihr sagt, was es bedeutet und wie sie
am besten darauf antworten kann. Nun träumt sie
davon, so gut Deutsch zu sprechen, dass sie eine
Ausbildung zur Kindergärtnerin machen kann.
Die zehn Jahre in Syrien als Grundschullehrerin
haben ihr Spaß gemacht.
Houda ist gerne in Deutschland. Sie liebt Städte
wie Münster, Hannover oder Berlin, wo Freunde
und Verwandte wohnen. Und nach und nach lernt
sie in der MFI die unterschiedlichsten Lebensentwürfe
und Möglichkeiten kennen, so dass sie ihr
Leben in Deutschland immer selbstbewusster
mitgestalten kann.
Insaf O.
Insaf liebt ihre jordanischen Wurzeln. Wenn sie
nach dem Abitur studiert hätte, dann wahrscheinlich
Mathematik. Doch sie wollte eine Familie
gründen. Zwei Kinder sind in Jordanien geboren,
vier in Duisburg, wo der Mann Arbeit bei Thyssen
gefunden hatte. Ihr Vater war zehn Jahre in
Deutschland und ist vor Kurzem als Rentner nach
Jordanien zurückgegangen. Für Insaf gibt es kein
Zurück. In Deutschland kann sie selbstbestimmter
leben. Hier können ihre Kinder eine gute Ausbildung
bekommen und Insaf spart, damit jedes Kind
mit 17 den Führerschein machen kann. Sie möchte
auch im Alter in der Nähe ihrer Kinder leben, und
die sehen ihre Zukunft in Deutschland – nicht nur,
weil sie nicht perfekt arabisch lesen und schreiben
können, vor allem, weil sie sich mit der Denkweise
im Land der Großeltern schwertun.
Insaf besucht regelmäßig die Treffen der MFI. Sie
liebt die Pause vom Alltag, wo sie die deutschen
Gesetze kennenlernt, ihre Rechte und Pflichten
kennenlernt und etwas über das Leben der Gesellschaft
erfährt, über Wahlen, Mitbestimmung und
Bräuche, und so ganz nebenbei lernt sie immer ein
bisschen mehr Deutsch.
Jamila M.
So richtig abschalten kann Jamila derzeit nur
im Kreis der Frauen der MFI. In Gesprächen
und Kursen vergisst sie für ein paar Stunden die
ständig rotierenden Gedanken um die Familie und
kann zuhören, lachen und erzählen. Der Krieg
in Syrien hat nicht nur ihre vertraute Umgebung
vollkommen zerstört, er hat ihren Lebensplan im
Fundament erschüttert. Dabei sah alles doch gut
aus. Alle vier Kinder haben in Damaskus eine gute
Berufsausbildung gemacht. Doch durch den Krieg
gibt es viele Arbeitsplätze einfach nicht mehr und
die sicher geglaubte Lebensgrundlage ist verschwunden.
Jamila ist dankbar, dass sie vor sechs
Jahren mit ihrem Mann in Deutschland aufgenommen
wurde. Dass jeder in Deutschland zum Arzt
gehen kann, ob arm oder reich, und das Schulsystem
für jeden zugänglich ist, das beeindruckt sie.
Leider war Jamila das Tempo im Deutschkursus
zu schnell, denn es ist lange her, dass sie die
Grundschule besucht hat und das auch nur bis
zur 5. Klasse. Mit den Frauen der MFI spricht sie
deutsch. Sie werden einen geeigneten Kursus für
sie finden. Jamila möchte Land und Leute verstehen
und schöpft über die Gespräche in der MFI
zaghaft Hoffnung auf ein Leben in Frieden.
Kahraman O.
Kahraman ist in Deutschland geboren. Sie hat das
Gefühl, nirgendwo zu einhundert Prozent hinzugehören:
In der Heimat der Familie macht man sich
über sie lustig, wenn sie Wörter benutzt, die in
Jordanien heute nicht mehr geläufig sind. Da ist sie
„die Deutsche“. Im Restaurant dort bezahlt man
„deutsch“, das bedeutet „einzeln“. In Deutschland
ist sie „die Ausländerin“ und wird häufig laut und in
primitiven Drei-Wort-Sätzen angesprochen. Frauen
der MFI bestärken sie darin, sich als Deutsche mit
arabischen Wurzeln genau richtig zu fühlen.
„Du wirst mal Putzfrau!“, hat ein Meister von
Thyssen ihr zum Abschluss eines Schulpraktikums
gesagt. „Er hat nicht mal das Wort ‚Reinigungskraft‘
benutzt“, erklärt Kahraman enttäuscht, denn der
Name „Thyssen“ wurde in der Familie verehrt.
Die Frauen der MFI haben Kahraman nicht fallen
lassen. Mit ihrer Unterstützung hat sie sich von der
Sonderschule über die Hauptschule zum Fachabitur
hochgearbeitet und erfolgreich ihre Ausbildungen
zur Hotelassistentin und zur medizinischen Fachangestellten
abgeschlossen. Eines Tages wird sie sich
vielleicht als Kosmetikerin selbständig machen. Der
Erfolg hat ihr gezeigt, was in ihr steckt.
Khalissa S.
„Einmal Luft holen, Pause machen“, das kann
Khalissa regelmäßig bei der MFI. Bei Kaffee und
Kuchen, beim Malen und Deutschlernen vergisst
sie den Alltagsstress für ein paar Stunden.
Von ihren acht Kinder wohnen drei noch bei ihr.
Gerade hat sie für die behinderte Tochter über
die Lebenshilfe eine gute Werkstatt gefunden. Es
erleichtert ihr Leben, dass man ihre Tochter dort
so liebevoll fördert. Sie liebt ihre Kinder, rät ihnen
jedoch, nur zwei oder drei Kinder zu bekommen
und ihnen eine gute Ausbildung zu ermöglichen.
Das Arbeitsamt hat ihr eine Maßnahme als
Küchenhilfe zugeteilt, damit sie weiter Hartz IV
beziehen kann. Sie macht das gern.
Ein Traum für Khalissa wäre das Reisen. Nicht
in ihre Heimat, den Libanon, wo das, was ihr
vertraut war, zerstört ist. Sie würde gern einmal
Kairo sehen oder nach Jordanien oder in die Türkei
fahren. Begeistert erzählt sie von einer Reise
mit ihren Kindern an die Holländische Küste. Der
Anblick des Meeres löst heute noch Glücksgefühle
aus. Man könnte meinen, sie habe einige Tage dort
verbracht. Der „Urlaub“ war ein Tagesausflug mit
der MFI.
Laila A.
„Immer, wenn der Verein zusammenkommt, macht
mich das glücklich!“, schwärmt Laila. Da gibt es
einen Zusammenhalt, auf den man sich verlassen
kann. Lailas Vater war in den 60er Jahren in Marokko
von einer deutschen Firma angeworben worden.
Sie hatte das Glück, in Duisburg geboren zu
werden, sagt sie lächelnd. Ihr positives Lebensgefühl
möchte sie weitergeben an Frauen, die sich in ihrem
Leben in Deutschland noch nicht zurechtfinden.
Der Glaube hat sie gefunden, sagt sie. Laila trägt
kein Kopftuch, aber ihr Handeln ist von der Demut
vor Gott und der Liebe zu den Menschen geprägt.
„Bevor eine Tür geschlossen wird, wird eine andere
Tür für Dich geöffnet!“ – das hat sie am eigenen
Leib erfahren und das gibt sie weiter.
Seit vielen Jahren arbeitet Laila in Elterncafés. Es
wäre zu schade, wenn Talente ungenutzt brach
liegen und Menschen unfreiwillig am Tropf des Staates
hängen bleiben. Durch ihre unterschiedlichen
Ausbildungen und Engagements hat sie inzwischen
so viele Geschichten gehört und Behördenwege und
-entscheidungen kennengelernt, dass sie mit Freude
und Erfolg Frauen der MFI zum selbstbewussten
Handeln bringt.
Mina C.
„Hamdela“ – „mit Gottes Hilfe“ –, das ist ihr
Lebensthema. Mina ist Rentnerin. Sie hat gute
Kontakte zu ihren deutschen Nachbarinnen und
fühlt sich wohl im Stadtteil, in dem sie seit 1972
lebt. Man feiert zusammen, man trauert zusammen.
Viele haben ihr geholfen, besonders, als sie
mit vier Kindern alleine stand, als ihr Mann mit
44 Jahren starb. Mina ist danach über sich hinausgewachsen,
hat Lesen und Schreiben gelernt und
sich um alles selbst gekümmert. Als sie 1969 aus
Marokko nach Duisburg gingen, haben sie sich vorgenommen,
als Rentner wieder in ihr Dorf zurückzukehren,
und haben sich dort ein schönes Haus
mit Garten eingerichtet. Es tut ihr gesundheitlich
gut, in Marokko zu sein, sie genießt die angenehme
Wärme und die saubere Luft. Doch wenn sie dort
ist, vermissen sie ihre Kinder und Enkelkinder. Ihre
vier Töchter sind sozial engagiert, drei gestalten
aktiv die MFI mit, setzen sich in zahlreichen
Projekten beruflich für Integration und Gleichberechtigung
ein. Das macht Mina stolz und ist auch
eine schöne Erinnerung an ihren Ehemann, der als
„Charly“ über den Stadtteil hinaus beliebt war und
für sein Engagement für die deutsch-marokkanischen
Freundschaft geehrt wurde.
Nufissa Z.
Pause machen im Verein der arabischen Frauen
MFI, das ist wichtig, besonders durch das intensive
Familienleben mit dem autistischen Sohn. Von der
ersten Stunde an ist Nufissa Mitglied im Verein der
arabischen Frauen MFI. Dort kann sie auch mal vertraulich
über Probleme sprechen und findet Frauen,
die ihr wirklich zuhören und ihr dann mit konkretem
Rat hilfreich zur Seite stehen. Aber es ist nicht
nur ein Nehmen. Auch sie hilft gern beim Einkaufen
oder Behördengängen, wenn jemand ohne deutsche
Sprachkenntnisse in Deutschland angekommen ist.
Mit 14 Jahren kam Nufissa mit ihrer Familie aus
Marokko. Gemeinsam mit ihren Schwestern hat sie
als Teenager erst einmal gejammert, weil sie ihre
Freunde in Marokko vermissten. Heute ist sie froh,
dass Deutschland ihre Heimat geworden ist. Die
Unterstützung, die ihr Sohn hier bekommt, würde
sie woanders vergeblich suchen. Sie träumt nicht
von großen Reisen. Sie empfiehlt, große Unternehmungen
einzuschränken und hilfsbedürftige Kinder
zu unterstützen.
Rana A.
Rana möchte sich für den deutschen Arbeitsmarkt
qualifizieren. Wenn ihre Kinder in der Schule sind,
arbeitet sie in einer vom Staat verordneten Maßnahme
als Küchenhelferin. Und sie lernt Deutsch. Mit
dem B1-Kursus könnte sie sich offiziell als Hilfskraft
bewerben. An Motivation fehlt es ihr nicht, nur
wenn sie nach der Arbeit und der Stunde Fahrtzeit
feststellen muss, dass nicht alle sechs Kinder ohne
sie zurechtgekommen sind, verlässt sie manchmal
der Mut. Dann hilft ihr die ungezwungene Auszeit
in der MFI, wieder aufzutanken.
Vor fünf Jahren ist die Familie von Damaskus in die
Türkei geflohen, weil sie als Nachfahren der osmanisch-
türkischen Bevölkerung türkisch sprechen.
Doch in der Türkei mussten die Kinder durch Hilfsarbeiten
den Lebensunterhalt der Familie verdienen.
Da war Rana froh, als ein Freund ihnen von den
Chancen in Deutschland erzählte. Sie sind glücklich,
dass sie das Abenteuer, die Reise ins Unbekannte
gewagt haben und das deutsche Bildungssystem
allen eine gute Ausbildung ermöglicht. Der regelmäßige
Austausch mit den Frauen der MFI stärkt ihr
Gefühl, nicht allein zu sein auf einem Weg, der auch
viel Durchhaltevermögen verlangt.
Samia A.
„Dein Zuhause ist, wo Dein Herz schlägt“, hat ihre
Chefin aus dem Kindergarten über den Schmetterling
geschrieben, den sie ihr zum Abschied von ihrer
Arbeit als Integrationshelferin gemalt hat. Einer
der Flügel zeigt die marokkanische, der andere die
deutsche Flagge. Das Bild hat einen Ehrenplatz in
Samias Wohnung, denn wenn sie in Duisburg ist,
hat sie immer ein bisschen Sehnsucht nach Marokko
und in Marokko immer ein bisschen Sehnsucht nach
Duisburg. Ihren Mann, der in Duisburg geboren ist
und einen marokkanischen Migrationshintergrund
hat, hat die gelernte Kindergärtnerin in Marokko
kennengelernt. In Duisburg hat sie Frauen der MFI
die ersten Schritte im arabischen Lesen und Schreiben
beigebracht. Samia hatte so viel Spaß an der
Lernatmosphäre, dass sie Mitglied im Verein wurde.
Es hat sich für sie nicht nur wegen der Freundschaften
gelohnt: Einige Frauen, die sich im Behördendschungel
auskennen, haben hartnäckig nachgefragt,
warum ihr eine Ausbildung zur Kindergärtnerin
abgelehnt wurde. Mit dem Sprachnachweis Deutsch
(B1) kann sie sich bewerben. Ihr Traum ist wieder
greifbar. Ihre Freundinnen in der MFI wissen: „Du
schaffst das!“
Samira A.
Samira hat nach einer Gemeinschaft von Frauen
gesucht, mit denen sie sich in ihrer Freizeit austauschen
und zu deren Treffen sie ihre Kinder mitnehmen
kann. Sie ist mit 13 Jahren nach Deutschland
gekommen und spricht perfekt Deutsch. In ihrem
Traumberuf Schneiderin hat sie in Düsseldorf für
eine Designerin gearbeitet und in der Familie die
deutsche Kultur intensiv kennengelernt. Nach
ihrer Kindererziehungszeit hat sie nun eine Stelle
in einem exklusiven Modeunternehmen. Weil sie
manche Alltagssorgen ihren deutschen oder türkischen
Freundinnen umständlich erklären musste,
suchte sie zusätzlich den Kontakt zu Frauen, die
auch arabisch geprägt sind. Mir ihnen kann sie über
die Tücken des Alltags oft einfach nur lachen. In
der MFI sprechen alle deutsch miteinander, aber
mit einigen kann sie auch mal ihre Muttersprache
Berberisch sprechen und dabei ganz sentimental
für einen Moment die Geborgenheit der Kindheit
spüren. Ganz wichtig ist für Samira, dass ihre
Kinder sich bei den Treffen wohl fühlen. Sie hatte
Glück: Ihre drei Mädchen freuen sich jedes Mal auf
die gemeinsamen Spielenachmittage und haben wie
die erwachsenen Frauen so manche wunderbare
Freundschaft geschlossen.
Sanaa A.
Das Heimweh nach Syrien plagt sie noch oft.
Sie vermisst ihre große Familie und die gewohnte
Umgebung, die so brutal zerstört wurde. Mit
fünf Kindern ist sie vor vier Jahren nach Duisburg
gekommen, drei weitere sind hier geboren. Alles ist
anders, das Wetter, das Leben. In der MFI hat Sanaa
Frauen kennengelernt, die wie Schwestern für sie
geworden sind. Wie eine neue Familie. Das hat ihr
das Ankommen erleichtert und den Blick für das
geschärft, was sie gewonnen hat. Sanaa liebt ihre
Familie und die Bildungschancen in einer friedlichen
Umgebung. In Syrien hat sie Lesen und Schreiben
gelernt, wollte jedoch früh Hausfrau und Mutter
werden. Sie selbst hat acht Geschwister, ihr Mann
kommt aus einer Familie mit 23 Kindern. Sein Vater
hatte nach dem Tod der ersten Frau noch einmal
geheiratet.
Bei der MFI hört sie unterschiedlichste Geschichten
vom Lebensglück in Deutschland, von Frauen, die
mutig handeln und selbstbewusst ihren Weg gestalten.
Sie freut sich, dass sie bei den Treffen der MFI
deutsche Redewendungen und Begriffe hinzulernt
und mehr erfährt über das Leben in dem Land, in
dem ihre Zukunft liegt.
Wafaa S.
Wafaa lächelt, aber hauchdünn hinter diesem
Lächeln liegen die Tränen. Als ihre Mutter mit
55 Jahren starb, war auch ihr Leben beendet, so
fühlt sich das für sie an. In Syrien wurde die Familie
als Asylbewerber geduldet. Deshalb liegen ihre
Träume in einem Land, das sie noch nie gesehen
hat: Palästina. Die Eltern haben Zeit ihres Lebens
davon geträumt, wieder in ihre Heimat zurückzugehen.
Erfolglos. Sechs Kinder hat Wafaa.
Das verlangt ihr Einiges ab. Sie klagt nicht.
In der Hoffnung, einen deutschen Pass zu bekommen
wie ihr Mann und ihre Kinder, hat sie einen
Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt. Dafür
arbeitet sie jetzt halbtags in einer Schulmensa.
Dass sie Abitur gemacht und Spaß am Gärtnern
und Gemüseanbau hatte, davon hatte sie lange nicht
erzählt. Sie lächelt. Alle Wünsche beziehen sich auf
das Wohl ihrer Kinder. Erst auf Nachfrage ergänzt
sie: „Ich würde gern meine Schwester in Palästina
besuchen.“ Bei den Frauen der MFI spürt Wafaa,
dass sie mit ihren Sehnsüchten nicht allein ist.
Und dass Träume stark machen.
Zahya G.
Zahya hat sich auf das Leben in Deutschland gefreut
und schon in Marokko begonnen, Deutsch zu
lernen. Über eine Freundin hatte sie sich in einen
Mann verliebt, der aus Syrien nach Deutschland
gekommen war. Sie haben geheiratet, seit drei Jahren
ist sie in Duisburg und arbeitet übergangsweise
als Raumpflegerin. Die Frauen der MFI machen ihr
Mut, ihren eigentlichen Traumberuf wieder aufzugreifen:
Zahya war Schneiderin. In Marokko hat sie
für große Firmen gearbeitet, Jeans und Kleider für
Europa genäht. In Duisburg würde sie am liebsten
in einer Änderungsschneiderei arbeiten. Für eine
Bewerbung fehlt ihr noch der offizielle Nachweis,
dass sie gut Deutsch sprechen, verstehen, lesen und
schreiben kann. In der MFI hilft man ihr, die Briefe
der Behörden zu verstehen, das heißt, man schaut,
ob sie den richtigen Ausbildungsweg für ihr Ziel eingeschlagen
hat. Zu den Frauen der MFI hat sie Vertrauen.
Die behördenerfahrenen Frauen hören ihr
zu und helfen ihr, klare Ziele für sich zu formulieren
und mutig und zielstrebig in die Zukunft zu gehen.
Jedes Treffen der MFI gibt Zahya das beruhigende
Gefühl, eine gute Zukunft in Deutschland zu
haben.